Samstag, 30. Januar 2010

Indische Bürokratie und Reisen an heilige Orte

Ein frohes neues Jahr allerseits.
Es ist schon eine Weile her seit meinem letzten Eintrag. Zwischenzeitlich hatte ich einige male begonnen einen neuen Eintrag für das Blog zu verfassen, bin dann aber nicht dazu gekommen sie zu vollenden und nach einiger Zeit waren sie dann schon nicht mehr aktuell.
Mein ursprüngliches 1-Jahres-Studenten-Visum konnte ich Ende letzten Jahres leider nicht verlängern lassen, weil mein Protected Area Permit (PAP) für 2010 nicht rechtzeitig aus Delhi gekommen ist, um die Verlängerung des Visums fristgerecht zu beantragen. Von der Existenz der Frist (90 Tage vor dem Ablauf des Visums) habe ich auch erst erfahren, als sie schon verstrichen war. Mir wurde also vom Registrations Officer im Superintendant of Police Office of Mysore gesagt, ich müsse zurück nach Deutschland um ein vollständig neues Visum zu beantragen. Daher war ich 3 Wochen im Dezember, günstiger Weise über Weihnachten, in Deutschland. Das neue Visum hätte ich beinahe nicht ausgestellt bekommen, weil das Konsulat es sehr seltsam fand, dass mein Visum nicht in Indien verlängert wurde und deshalb erstmal einen Nachweis der Registrierung des Klosters bei der Indischen Regierung verlangt hat. Sie scheinen die indische disfunktionelle Bürokratie nicht mehr zu kennen. Zusätzlich wurde ich in meiner Zeit in Hamburg am Fuß operiert, denn es musste eine größere Hautfläche in der nähe des Knöchels entfernt werden. Dies geschah ca. anderthalb Wochen vor meiner Abreise, und die Wunde ist bis jetzt noch nicht wieder geschlossen. Von der ca. 5 cm Narbe sind knapp 2 cm noch offen, bzw. wieder, weil ich hier in Indien wenig die Gelegenheit habe den Fuß still zu halten und zu schonen. Am 27.12 flog ich zurück, kam am 28. wieder im Kloster an, und am 29. reisten wir direkt wieder ab nach Bodh Gaya, zum Dorje Dün, eine Woche Unterweisungen mit Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama.

Dort traf ich einige der Mönche aus dem Kloster Nalanda in Südfrankreich wieder, in dem ich 1 Jahr gelebt habe, die gerade eine Pilgerreise durch Indien machen. Ich habe versucht meinen Fuß zu schonen, und nach 2 Wochen war er auch etwas besser, aber am Tag vor unser Abreise nach Saranath und Varanasi, von wo aus unsere Zugfahrt ins Kloster starten würde, besuchten wir noch kurz den Geierberg und die Ruinen der großen Klosteruniversität Nalanda, wo leider die Wunde wieder weit auf riss. Saranath und Varanasi habe ich mir dann strikte Bettruhe verordnet und konnte so leider von diesen heiligen Plätzen fast nichts sehen. Dafür fand ich Bodh Gaya, den Geierberg und Nalanda extrem beeindruckend und inspirierend. Hier sind einige Bilder der Reise:

Eventuell werden nicht auf Anhieb alle Bilder angezeigt sondern wieder von  vorne begonnen, weil nicht schnell genug geladen werden konnte. Die letzten Bilder tragen den Titel "Rückreise". Fängt es also vor der "Rückreise" wieder von vorne an, bitte Geduld üben.




Die Zugfahrt zurück dauerte 3 Tage und dann war es wirklich schön endlich wieder hier im Kloster anzukommen. Einige Tage nach uns kamen auch die Nalanda-Mönche hier an, weil Sera eine Station ihrer Pilgerreise ist. Geshe Jamphel lud mich dann direkt ein bei ihnen im Tsetang Kangtsen am Essen teilzunehmen für die gesamten 8 Tage die sie hier sind. Ich war bisher 3 mal beim Mittagessen dabei. Sie haben einen sehr angesehenen Koch angestellt, können aber das Essen selbst nur wenig genießen, weil die gesamte Gruppe sich eine Lebensmittelvergiftung am Flughafen zugezogen hat. Vor letztem Mittwoch habe ich Zeit mit meinen Debattiertutoren verbracht um mich auf das offizielle Beitreten der neuen Debattierklasse vorzubereiten, aber seit Mittwoch ist dafür keine Zeit mehr, weil wir einen Lung von Chöden Rinpoche bekommen. Es ist etwas ziemlich besonderes, weil er die gesammelten Werke von Jetsun Choekyi Gyaltsen, also die hier in Sera studierten Texte, überträgt, was so vollständig hier noch nie passiert ist, weil es nur ganz wenige Lehrer gibt, welche die gesamte Übertragung am Stück geben können. Da es genau unsere hier studierten Texte sind, ist es für jeden hier studierenden Mönch ein fast schon Pflicht hin zu gehen. So sitzen wir den ganzen Vormittag und den ganzen Nachmittag zusammen im Tempel und hören den Lung während jeder mit einem Buch vor der Nase da sitzt und studiert was auch immer er gerade möchte. Ich nutze die Zeit um neben meinem Tibetischlehrer zu sitzen und teilweise Debattiertexte durchzuarbeiten und teilweise meine Grammatikkenntnisse zu verbessern.

Abends findet dann das alljährliche Hayagriva-Retreat statt.

Morgen allerdings ist eine Unterbrechung dieser Aktivitäten, da Gyudmed Khensur Rinpoche Geshe Lobsang Tenzin als neuer Jangtse Choeje inthronisiert wird.

Nach all dem hin und her reisen hoffe ich jetzt wieder regelmäßiger dazu zu kommen, hier Einträge zu verfassen, auch wenn meine Zeit und Energie gerade von meinem Studium vollständig absorbiert werden.

4 Kommentare:

  1. Lieber Losang Khedrub,

    du schreibst:
    "So sitzen wir den ganzen Vormittag und den ganzen Nachmittag zusammen im Tempel und hören den Lung während jeder mit einem Buch vor der Nase da sitzt und studiert was auch immer er gerade möchte."

    Natürlich kann man nicht davon ausgehen, dass man bei einem Lung gleich die Bedeutung aller Sätze versteht, aber wenn man bewusst noch nicht einmal den Worten zuhört, sondern seinen Geist auf etwas anderes richtet - welchen Sinn hat dann eigentlich ein Lung?

    Liebe Grüße aus Glinde bei Hamburg
    Wolfgang

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  2. Lieber Wolfgang

    So wie es ausgeführt wird, ist ganz offensichtlich, dass der Lung nicht dafür da ist gerade richtig vernommen zu werden. Nicht mal die Tibeter verstehen da einzelne Wörter oder gar Silben.
    Ab einem gewissen Bodhisattva-Pfad kann man sich jedoch an alle jemals gehörten Unterweisungen erinnern. Zu diesem Zeitpunkt entfaltet der Lung seinen größten Nutzen, über die karmischen Eindrücke und die Inspiration hinaus.

    Alles Liebe,
    Khedrub

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  3. Lieber Khedrub,

    "... sich an alle gehörten Unterweisungen erinnern..." das will und kann ich gerne glauben.
    Die Intention meiner Frage war jedoch: kann man da von "hören" sprechen, wenn man die Worte gar nicht hört?

    Ich meine "hören" ist nicht dasselbe wie das bloße Auftreffen von Schallwellen auf ein Ohr.

    Lieben Gruß
    Wolfgang

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  4. Lieber Wolfgang
    Bloßes auftreffen von Schallwellen auf ein Ohr reicht sicherlich nicht, es muss auch ein Ohr Bewusstsein vorhanden sein. Es ist offenbar jedoch nicht erforderlich aufmerksam zuzuhören. Im Alltag kennst du es ja sicher auch, dass du mal konzentriert ein Buch liest und jemand sagt etwas, dem du nicht bewusst zugehört hast, und dann schreckst du auf und fragst "hast du gerade dies oder jenes gesagt?" Ich denke wenn wir uns auf dem Großen Pfad der Ansammlung befinden und bereits Shamatha verwirklicht haben, dürfte sich das Problem erledigt haben.
    Aber noch detaillierter würde ich in diesem Kommentar-Bereich ungern auf das Thema eingehen, und bin vielleicht auch noch nicht der beste Lehrer diesbezüglich. Dinge die ich weder studiert noch debattiert habe, finde ich zu gefährlich öffentlich auszuführen.
    Wir können aber gerne über kha dog dkar dmar debattieren. ;)
    Alles Liebe und vielen Dank für dein Interesse,
    Khedrub

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