Sonntag, 14. Februar 2010

Frohes Neues Jahr 2137

Frohes Neues Jahr!
Heute ist das Tibetische Neujahr, Losar. Willkommen 2137, Eisen-Tiger-Jahr. Wie beginnt ein solcher, vermutlich der größte Feiertag hier im Kloster? Am Tag vorher wird das Kloster geputzt, um das Neue Jahr willkommen zu heißen. Der erste Tag des neuen Jahres, also Losar selbst, beginnt nicht mir einer Puja oder zwei, sondern mit vier Stück, angefangen um 4 Uhr morgens. Man begeht das neue Jahr direkt mit einer gemeinschaftlichen, nein mit vier gemeinschaftlichen Dharmaaktivitäten. Sehr gut, aber anstrengend. Manche der Mönche haben bis kurz vor 1 Uhr Nachts reingefeiert und das neue Jahr dann mit lauten Grußrufen empfangen. Gut 2 Stunden später stand man dann wieder auf. Wenn ich von Feiern spreche, meine ich entspanntes Zusammensitzen, reden, Filme schauen.
Auch heute wieder ist die Sehnsucht nach dem Heimatland für die Tibeter besonders stark, öfters hört man Dinge wie "Losar ist so schön, in Tibet!", gefolgt von Schwärmereien über die Kälte, das gute Essen, die gute Luft... Paradoxer Weise frieren die Tibeter, zumindest die die schon eine Weile hier in Indien leben, sehr schnell und beschweren sich schon bei +10° Celsius, wie in Bodh Gaya, bereits sehr über die Kälte. Jedoch bleiben die schönen Erinnerungen an die Heimat davon unangetastet. 
Zur Zeit ist es aber auch wirklich sehr heiß tagsüber.

Vor einigen Tagen kam mir zu Ohren, dass hier kürzlich auf einem nahe gelegenen Fluss eine Gruppe Mönche verunglückt ist und drei Kinder aus unserem Kloster dabei ums Leben kamen. 

Ich wünsche allen Praktizierenden und deren Objekten des Mitgefühls ein schönes Jahr, in dem sie es schaffen ihre Wünsche und Hoffnungen ohne große Hindernisse zu verwirklichen!

Mittwoch, 10. Februar 2010

Ferien im Kloster

Zur Zeit, da Ferien sind, wohnen hier einige Kinder die mit Mönchen aus unserem Haus verwandt sind. (Ob die Mädchen auch direkt im Kloster wohnen oder nur die Tage hier verbringen weiß ich aber nicht.) Die Mädchen wohnen im YigaChöling Gästehaus, sind aber tagsüber durchgehend hier. Das zurückhaltende und dennoch frech-fröhliche Lächeln der kleinen tibetischen Mädchen hat auf mein Herz die gleiche unmittelbare Wirkung wie das Maunzen eines hungrigen Katzenbabys. Ihre schönen tibetischen Gesichtern umrahmen ein Strahlen, das von kleinen aber weit aufgerissenen, die Welt aufsaugenden Augen ausgeht.

Die wenigen, kurzen Ferien die es hier gibt werden in solch einer harmonischen Atmosphäre zusammen gefeiert, wie sie zu steigern nicht mehr möglich ist. Die Kinder spielen auf improvisierten Tischtennisplatten oder einem imaginären Badmintonfeld, die älteren spielen entweder Carom (ein Spiel wie Billiard, aber mit kleinen Scheibchen, die mit den Fingern geschnipst werden), sitzen zusammen und reden oder schauen gemeinsam Filme. Kürzlich fiel mir auf, wie diese Art der Entspannung, der Ferien, vollkommen anders ist als ich sie aus dem Westen kenne. Vom Jüngsten bis zum Ältesten sind sich hier alle völlig einig, dass in dieser Zeit nur eins zählt: entspannt zu tun wonach einem der Sinn steht. Wenn ich mir vorstelle wie die erwachsenen Europäer die ich mit meinem Leben kennen gelernt habe zusammen in einem Raum mehrere Tage am Stück Stunden lang Filme schauen sollten... sie würden durchdrehen, und vielleicht zum Teil deshalb, weil sie den Drang hätten produktiv zu sein, trotzdem etwas zu "schaffen"; weil sie sich nicht erlauben könnten bloß zu entspannen. Etwas anderes machen als sonst. Die tibetischen Mönche hier hingegen haben einen solchen Alltag, dass sogar bloß hier sein, entspannen, spielen und Filme schauen etwas völlig anderes ist als ihr Alltag, ein völlig anderes Leben. Ob sie arbeiten, studieren oder feiern, sie machen es mit einer bewundernswerten Konsequenz, zu 100%. Der Tag hat zur Zeit nur wenige Fixpunkte, wenn wir gemeinsam Essen oder süßen Tee Trinken. Für morgen habe ich einen Wagen mit Speiseeis bestellt, um alle 70 Mönche (und deren Besucher) meines Hauses, wie schon letztes Jahr, zum Eis einzuladen. Ich freue mich auf die fröhlichen Gesichter, vor allem der Kinder und der alten Geshes.